Coburg - das Canossa der Impfgegner
Roland Ziegler
In der bayerischen Stadt Coburg erkrankten im Jahr 2002 mehr als 1000 Kinder an Masern, weil zwei niedergelassene Ärzte gegen Impfungen polemisierten. Was treibt Impfboykotteure um?
Deutschland ist jenes Land unter den westlich orientierten Industrienationen, welches im Bereich Masern die mit Abstand höchste Erkrankungsrate aufweist (2002 waren es nach Angaben des Robert-Koch-Instituts 4564 Fälle bei 83 Mio. Einwohnern). In den mit fast dreimal mehr Menschen besiedelten USA treten jährlich weniger als 100 Masernfälle auf. Auch in den skandinavischen Ländern der Europäischen Union (EU), in denen in den vergangenen Jahren konsequente Impfkampagnen durchgeführt wurden, kann man heutzutage die Masernfälle quasi an wenigen Händen abzählen.
Deutschland ist eine Nation, die sich über Jahrzehnte hinweg nicht ausreichend mit dem Problem impfbarer Krankheiten auseinander gesetzt hat. Hauptursache ist das gern gepflegte, wenn auch grob falsche Vorurteil, dass man sich gegen „Kinderkrankheiten“ nicht impfen lassen müsse, da diese harmlos seien oder kaum noch auftreten würden. Ein Trugschluss, denn Masern, Diphtherie, Röteln, Mumps, Polio (Kinderlähmung) oder Tetanus sind ebenso wenig auf das Kindesalter beschränkt, wie Hepatitis A/B-Viren oder Tuberkulose ausschließliche Erkrankungen des Erwachsenenalters sind. Masern und Mumps führen bei ungeimpften Kindern vergleichsweise häufig zu Hörleistungsminderungen, und die schlechte Impfmoral dürfte derzeit die Hauptursache für die ständig steigenden Zahlen schwerhöriger Kinder sein. Diese Kinder durchlaufen die ersten drei Jahre meist relativ unbemerkt und fallen durch Sprach- und Hörprobleme erst im späten Kindergartenalter, oft auch erst in den unteren Grundschulklassen auf. Dann bleibt nicht selten nur noch der Weg zum Facharzt und die Anpassung eines Hörgeräts, das die unwiederbringlich gesenkte Hörleistung bis zum Lebensende ausgleichen muss. Eine schlichte Impfung hätte das vermeiden können (siehe Kasten „Impfprinzip“).
Ein weiteres gutes Argument für eine Masernimpfung dürfte sein, dass durch sie die Häufigkeit subakuter sklerosierender Panenzephalitis, (SSPE, eine tödlich verlaufende Masernfolgeerkrankung) von 6,5 Fällen/106 Menschen pro Jahr in den letzten 20–30 Jahren auf ein Hunderstel gesenkt werden konnte
Wir Deutschen sind die „Masernschleudern Nummer eins“ unter den Industrie-Nationen. Wir sind es, die auf Auslandsreisen Bürger anderer Staaten infizieren. Dies hat dazu geführt, dass man in den USA in den letzten Jahren immer lauter darüber nachdenkt, deutsche Staatsbürger, die nicht gegen Masern geimpft sind, an der Grenze zurückzuweisen, um das Infektionsrisiko der Einheimischen zu reduzieren. In den USA ist eine ausgesprochen vernünftige Regelung in Impffragen etabliert worden. Dort herrscht keine Impfpflicht; es darf aber niemand eine öffentliche Einrichtung (Kindergarten, Schule, Universität etc.) besuchen, wenn die üblichen Impfungen nicht durchgeführt wurden. Wer also seine „Impfgegnerschaft“ ausleben und ungeimpft durchs Leben gehen möchte, kann dies tun – auf privater Basis.
In Deutschland wurde nach langer Vorbereitungszeit im Juli 2000 das Infektionsschutzgesetz (IfSG) beschlossen, das am 1. Januar 2001 in Kraft trat und endlich erlaubt, Infektionskrankheiten deutlicher zu begrenzen. Leider wurde der amerikanische Weg nicht übernommen, jedoch können nun auch in unserem Land Personen, die an einschlägigen Krankheiten leiden, konsequent von öffentlichen Einrichtungen solange ferngehalten werden, bis ein Arzt eine entsprechende Gesundung attestiert. Gerade im Bereich Kindergarten und Schule ist dies ausgesprochen wünschenswert, denn hier werden die meisten Erreger weitergereicht, wenn es sich um „Kinderkrankheiten“ handelt.
Sind „Kinderkrankheiten“ wirklich harmlos? Bei weitem nicht! Ein Kind, das an den bisher nicht allgemein geimpften Windpocken erkrankt, leidet in der Regel relativ wenig an Symptomen dieser per Tröpfcheninfektion leicht übertragbaren Viruskrankheit. Ein Erwachsener hingegen kann daran massiv erkranken („Gürtelrose“, Hirnnervenzoster und andere schwere Folgen sind möglich), bis hin zur Intensivpflegebedürftigkeit oder sogar zum Tod.
Dasselbe gilt für Masern. Ohne Impfung kann man auch als Erwachsener noch infiziert werden. Nur muss nicht automatisch ein dem Kindesalter entsprechendes Symptombild auftreten.
Das Bild der „Kinderkrankheiten“ ist also schlicht falsch. Es hat sie so nie gegeben. Es ist viel realistischer, solche Erkrankungen als „impfbare Krankheiten“ zu bezeichnen, denn sowohl Kinder wie auch Erwachsene können an ihnen erkranken – allerdings mit dem Unterschied, dass Kinder die Infektionen im Allgemeinen etwas leichter wegstecken als Erwachsene.
Impfgegner interpretieren diesen Umstand dahingehend, dass man sich als Kind mit den besagten Krankheiten infizieren solle, um dadurch eine lebenslange Immunität zu erreichen. Manche Homöopathen und Anthroposophen in der deutschen Ärzteschaft fördern solchen Irrglauben gelegentlich dadurch, dass sie (unterstützt von freien Hebammen, die dergleichen in Still-, Wickel- oder Geburtsvorbereitungskursen propagieren) z. B. „Masern-Infektionsparties“ veranstalten. Dabei werden symptomatisch erkrankte Kinder mit noch ungeimpften, gesunden Kindern zusammengebracht, um diesen die Chance zu geben, sich zu infizieren und die Infektion frühzeitig zu überstehen. Dergleichen kann massiv ins Auge gehen, wie die Masernepidemie im Jahr 2002 in Coburg drastisch aufzeigte.
In der bayerischen Stadt propagieren seit Jahren zwei Ärzte, dass Impfungen gegen Masern überflüssig, ja sogar gefährlich seien. Als Folge resultierte ein ständig steigender Anteil nicht gegen Masern geimpfter Kinder. 2002 tobten nun die Masern durch Coburg, und fast 1200 Kinder erkrankten an diesem Virusleiden (Arenz et al. 2003). 28% der Krankheitsfälle wurden durch Lungen- und Mittelohrentzündungen kompliziert. Derzeit gibt es Hinweise darauf, dass diesen beiden Ärzten standesrechtliche Konsequenzen drohen, zumindest aber Schadensersatzklagen von jeweils E 90 000. Es bleibt zu hoffen, dass dies auch anderen Ärzten widerfährt, die ihre Patienten nicht den Regeln der ärztlichen Kunst behandeln und ihnen effektive Maßnahmen vorenthalten..
Die Motivation der Impfgegner scheint nur auf den ersten Blick harmlos. Angeblich dreht es sich darum, Kinder vor vermeintlichen Impfnebenwirkungen zu schützen, zumal von ihnen alle möglichen Erkrankungen (z. B. Allergien) mit Impfstoffen in Verbindung gebracht werden. Direkte Belege, dass Geimpfte häufiger an Krankheiten leiden als Ungeimpfte, gibt es jedoch nicht.
(Anm. d. Autors: Ich möchte aus Platzgründen hier nicht detailliert die Argumente der Impfgegner widerlegen, denn dies habe ich mit einschlägigen Hintergrundinformationen schon vor längerer Zeit publiziert. Infos und Bezugsquellen bei Roland.Ziegler (at) vrzverlag.com).
Bedeutsam ist in meinen Augen der Umstand, dass sich religiöse oder weltanschauliche Sondergemeinschaften wie Scientology und ähnlich operierende Gruppen – wie jene der so genannten „Ur-Medizin“ oder der „Neuen Medizin“ – der Impfgegner-Ideologien bedienen, um Anhänger zu gewinnen. Es geht auch um den Verkauf einschlägiger Bücher, Seminare oder Kurse, die z. T. in strukturvertriebsartigen Systemen angeboten werden. Es scheint nach dem Motto zu funktionieren: Je fragwürdiger die These und je eher sie von einem Opfer geglaubt wird, desto höher die Chance, dem „Kunden“ noch weitaus mehr (und erheblich teureren) Unsinn verkaufen zu können, bis hin zur Integration in eine einschlägige Gruppierung.
Man erkennt solche Systeme daran, dass sie auf rigiden Grundsätzen fußen, die oft eine Art „Guru“ aufgestellt hat und nicht zu hinterfragen sind. Die Impfgegner schüren mit Angst erzeugenden Attributen Panik vor dem Impfen. Auf der anderen Seite bieten sie (je nach Szene unterschiedliche) „Lösungsmöglichkeiten“ an, die von Homöopathie bis hin zur Mitgliedschaft in der jeweiligen Vereinigung reichen. Nicht selten werden auch Behauptungen verbreitet, dass es keine Viren gebe oder dass Viren per se harmlos seien. Man mag dies für lächerlich halten, aber mit einiger Regelmäßigkeit touren Netzwerke sowohl durch Österreich als auch die Schweiz, die die Botschaft verbreiten, dass das HI-Virus kein AIDS erzeugen könne. Gerade diese Argumentation hat ihren Ursprung wahrscheinlich in mit Scientology verbundenen Gruppen der USA, die auch die so genannte Ritalinkritik bei hyperaktiven Kindern propagieren. Es dreht sich faktisch darum, ein Thema zu finden, das viele Bürger interessieren könnte, es dann auszuschlachten und so umzudrehen, dass es für Ideologien vermarktbar ist.
Die Impfkritik speist sich in der Bundesrepublik historisch gesehen allerdings nicht aus der neureligiösen Szene, sondern aus der Homöopathie. Obgleich deren Begründer Hahnemann nachweislich ein Befürworter der Pockenimpfung durch deren Erfinder Dr. Edward Jenner (1749-1823) war, nutzten die deutschen Homöopathen die nebenwirkungsbehaftete Pockenimpfung weidlich zur eigenen Profilierung aus, als ihre Methode um die vorletzte Jahrhundertwende in Vergessenheit zu geraten drohte. Die Situation änderte sich erst, als im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts Pflichtimpfung und Impfzwang im Deutschen Reich eingeführt wurden.
Ein Schüler Hahnemanns, Constantin Henning, positionierte sich schon 1876 als Impfkritiker und betonte, dass die Pockenimpfung eine Vergiftung des Blutes sei und für Kinder einen großen Schaden bedeute. Clemens von Boenninghausen (1785–1864), ebenfalls ein Schüler Hahnemanns, äußerte sich bereits 1849 kritisch gegenüber der Kuhpockenimpfung als „die in leichtfertigen Händen so gefährliche, das Scrophelgift ohne allen Zweifel ungemein verbreitende Vakzine“. Boenninghausen sah im homöopathischen Arzneimittel Thuja occidentalis eine weitaus bessere Schutzmöglichkeit gegen die gefürchteten „Blattern“, weil er in einer Pockenepidemie eine Infektion innerhalb von vier Tagen zur Heilung brachte, ohne einen Patienten zu verlieren. Die tatsächlichen „Erfolgsraten“ der Homöoopathie erfährt man aber u.a. aus einer historischen Quelle (Logic of Figures) aus dem Jahre 1900. Zwar wurde dort nichts über Pocken berichtet, aber viel über Diphtheriebehandlungen.
Das „American Institute of Homeopathy“ behandelte 1893 und 1894 die Patienten einer Diphtherieepidemie. 1893 waren in den „allopathischen“ (also „schulmedizinischen“) Hospitälern 2377 Patienten behandelt worden, 1894 waren es 8765. Davon waren 34,3% (1893) bzw. 34,1% (1894) verstorben. 1893 waren in den homöopathischen Hospitälern 307 Diphtheriepatienten behandelt worden, im Folgejahr 1141. Von diesen Personen waren 93 (30,2%) bzw. 347 (30,4%) verstorben (Bradford 1900). Die Sterberaten von homöopathisch und „schulmedizinisch“ therapierenden Einrichtungen waren also nahezu gleich.
Etwas bessere Resultate ergaben sich bei der gleichen Erhebung des „American Institutes of Homoeopathy“ 1894 für Masern (Mortalitätsrate: 6,3% von 264 allopathisch Behandelten; 3,0% von 350 homöopathisch Behandelten), Scharlach (Mortalitätsrate: 8,6% von 291 allopathisch Behandelten; 4,7% von 506 homöopathisch Behandelten) oder Typhus (Mortalitätsrate: 35,1% von 1864 allopathisch Behandelten; 29,7% von 183 homöopathisch Behandelten). Primäre Ursache der geringeren Sterberaten unter homöopathischer Behandlung dürfte gewesen sein, dass Aderlässe und Schwitzkuren unter den damaligen „Schulmedizinern“ sehr verbreitete Behandlungsmethoden waren, um das körperliche Ungleichgewicht wieder ins rechte Lot zu bringen. Dadurch wurden aber besonders jene Patienten extrem gefährdet, deren Kreislauf bereits krankheitsbedingt massiv geschädigt war. Hätte man diese Patienten analog den Homöopathen mit Placebo behandelt, wären die Mortalitätsziffern sicher ebenso günstig ausgefallen. Eines illustrieren diese Zahlen – die im übrigen aus den Reihen der Homöopathen selbst stammen – jedoch sehr eindrucksvoll: Unbehandelt verstarben in Abhängigkeit der jeweiligen Infektionserkrankung bis zu einem Drittel der Patienten.
Homöopathen, vor allem die Ärzte unter ihnen, scheinen in Impffragen mit zweierlei Maß zu messen. Nach Lehrke (1998) gaben 94,5% der befragten Hochschulmediziner und 55,8% der Homöopathen an, in den letzten zehn Jahren selbst einmal geimpft worden zu sein. Hatten die Mediziner minderjährige Kinder, war der Anteil geimpfter Kinder mit 85,5% (Homöopathen) bzw. 98,1% (Schulmediziner) sehr hoch. Ging es darum, generell eine Aussage darüber zu machen, ob man minderjährige Kinder impfe, bejahten dies 68,2% der Homöopathen und 98,1% der Schulmediziner. Da scheint so manchem Homöopathen das „Impfhemd“ der eigenen Kinder näher als jenes der Kinder der Patienten.
Auch in England sprach sich die „Vereinigung der Britischen Homöopathischen Doktoren“, die den Lehrstuhl für Homöopathie an der „Postgraduate Medical School and Centre for Complementary Health Studies“ in Exeter unterstützt, vor einigen Jahren eindeutig für das Impfen aus (Ernst, White 1995). Sie distanzierte sich von Aussagen klassisch orientierter Homöopathen, die im British Homoeopathic Journal die Impfkampagnen als „kriminell unverantwortlich“ (English 1992) oder „sehr unglücklich (...) und wenig bewiesen“ (Fisher 1990) bezeichnet hatten.
Die Bundesrepublik Deutschland ist in Impffragen rückständig. Ein Grund mag darin liegen, dass es seit Beginn der Impfkampagnen im frühen 20. Jahrhundert (vor allem im Bereich der Pockenimpfung) eine Reihe von Impfskandalen. Es ist unstrittig, dass die Pocken in Europa durch die Impfmaßnahmen ausgerottet wurden. Ebenso ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Impfung, die mit abgeschwächten Viren bis Mitte der 1970er Jahre durchgeführt wurde, auch Nebenwirkungen hatte. Eine ganze Reihe von Impfungen wird heutzutage aber nicht mehr mit abgeschwächten (attenuierten) Impfstoffen durchgeführt. Es handelt sich hierbei um die Impfstoffe gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Hepatitis A, (Japan-) Enzephalitis, Poliomyelitis (Kinderlähmung) und Tollwut. Gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen werden weiterhin abgeschwächte Viren verwendet. Gegen Hepatitis B- und Influenzaviren werden nur Teile der Virenhülle bzw. einzelne Antigenstrukturen (so genannte Spalt- und Polysaccharidvakzine) eingesetzt.
Bei den durch Bakterien ausgelösten Krankheiten Tetanus und Diphtherie wird nur gegen das von den Bakterien abgesonderte Gift immunisiert, nicht jedoch gegen den Keim selbst. Es wird hier also kein Lebendmaterial, sondern ein Teil des Toxins als Allergen gespritzt. Man kann sowohl gegen einzelne Krankheiten impfen als auch Kombinationsimpfungen gegen verschiedene Krankheiten verwenden. Gegen Masern, Mumps und Röteln reicht eine Kombi-Impfung im Alter von 12 bis 15 Monaten aus, die ggf. im Alter von fünf bis sechs Jahren (vor der Einschulung) aufgefrischt wird. Gegen Diphtherie, Tetanus und Polio muss hingegen mehrfach im ersten Lebensjahr geimpft werden. Lebenslang halten die Impfungen nicht. Es empfiehlt sich, Diphtherie-, Tetanus- oder Rötelnimpfschutz immer wieder kontrollieren zu lassen, wobei der Impfpass als Dokumentationsgrundlage eine wichtige Rolle spielt.
Die Deutschen sind ein impfmüdes Volk, dessen Schutzraten nur bei wenigen Impfkrankheiten passabel sind. Dass man dagegen etwas unternehmen kann und dass solche Maßnahmen vergleichsweise billig sind, zeigt die vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit des Lands Rheinland-Pfalz gesponserte „Wittlicher Impfstudie“ (Pietsch et al. 2002). Im Rahmen dieser dreiphasigen Untersuchung wurde zunächst die Immunität der Bevölkerung der Stadt Wittlich gegen Tetanus, Diphtherie und Poliomyelitis in allen Altersgruppen geprüft. Nach der Durchführung verschiedener Weiterbildungsmaßnahmen wie
- Gesprächsangebote für Bürger an zwei Stellen der Innenstadt unter Zuhilfenahme eines Doppelstockbusses, Verteilung von Informationsmaterials des Gesundheitsministeriums, eines Impfstoffherstellers und Abgabe von Luftballons an Kinder (Zahl der erreichten Personen: 1150),
- Aushängen von drei für die Studie hergestellten Sorten von Informationsplakaten in öffentlichen Gebäuden, Arztpraxen, Apotheken und Geschäften (Plakatmenge 850 Stück),
- Abgabe eines Informationsblattes an die Eltern bei den Einschulungsuntersuchungen,
- Impfausweiskontrolle und -beratung für Beschäftigte in privaten Betrieben der Stadt bei arbeitsmedizinischen Untersuchungen,
- Berichte über Ziele und Veranstaltungen der Impfstudie in der regionalen Presse
konnte eine erhebliche Steigerung des Impfschutzes erreicht werden. Der Anteil von nicht oder nur grenzwertig geschützten Personen verminderte sich bei Tetanus von 36,7% auf 2,8% und bei Diphtherie von 61% auf 51%. Die Lücke bei Polio Virus Typ 1 sank von 6,7% auf 3,1%, bei Typ 2 von 6,2% auf 2,5% und bei Typ 3 von 13,2% auf 3,6%.
Die Impfstudie Wittlich zeigt, dass durch Aufklärung der Bevölkerung über einen multimodalen Ansatz erhebliche Verbesserungen des Schutzes vor impfbaren Erkrankungen erzielt werden können. Dabei kostet dergleichen nicht viel Geld. Der finanzielle Aufwand für die Aufklärungsmaßnahmen betrug gerade einmal E 5000. Vergleicht man dies mit den mutmaßlichen (Folge-)Kosten der maserngeschädigten Kinder, deren Erziehungsberechtigte den Sirenenklängen der Impfkritiker auf den Leim gingen, fällt es leicht anzunehmen, dass man mit entsprechender bundesweit organisierter Impfaufklärung im maroden öffentlichen Gesundheitssystem Deutschlands in kurzer Zeit Einspareffekte in dutzendfacher Millionenhöhe generieren könnte.
Das Impfwissen der Deutschen Ärzteschaft ist allerdings ein Handikap. Lediglich Gynäkologen, Kinderärzte und Ärzte für öffentliches Gesundheitswesen haben wirklich Sachkenntnis in Impffragen. Alle anderen Arztgruppen, vor allem Chirurgen, Fachärzte für Innere Medizin und Allgemeinmediziner, zeichnen sich durch ein schlechtes Impfwissen aus. Hier herrscht also noch erheblicher Fortbildungsbedarf und die zuständigen Weiterbildungseinrichtungen der Ärzteschaft sind dringend gefordert. Vergessen darf jedoch keinesfalls werden, dass gerade das Personal von niedergelassenen Praxen in Impffragen direkt fortgebildet werden muss, denn diese Personen pflegen schließlich den direkten Kontakt mit den Patienten. Dies kann der Praxisinhaber nicht unbedingt alleine tun, sondern es empfiehlt sich, hier lokale Fortbildungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit Gesundheitsämtern durchzuführen.
Des Weiteren sollte die öffentliche Gesundheitsverwaltung ein vermehrtes Augenmerk auf freiberuflich arbeitende Pflegerinnen und Hebammen werfen, die nicht selten bei den vielerorts durchgeführten Geburtsvorbereitungs-, Schwangerschaftsgymnastik- und Babywickelkursenin Impfangelegenheiten haltlose Mystizismen propagieren. So mancher Kinderarzt, der nur für ein Minimalentgelt aufwändig die Mütter über Impfstoffe aufklärte, hat schon frustriert das Handtuch geworfen vor so mancher der Homöopathie oder Anthroposophie zugeneigten Hebamme, die in ihren Kursen den Müttern wortreich, jedoch ohne Sachwissen, esoterische Halbwahrheiten einflüsterte. Hier sind also die Standesvertretungen der Hebammenschaft aufgerufen, endlich verstärkt aktiv zu werden im Sinne eines vorbeugenden Patientenschutzes.
In Deutschland muss das Impfwesen neu geordnet werden. Derzeit ist es ausgesprochen kompliziert und finanziell wenig attraktiv reguliert. Ein Kinderarzt darf zwar das Kind impfen, jedoch nicht automatisch den Vater oder die Mutter. Eine Gynäkologin kann eine Rötelnimpfung verabreichen, aber nur ihrer Patientin und nicht automatisch deren Ehegatten oder schon geborenen Kindern. Hausärzte wiederum mögen Erwachsene impfen können, bei Kindern ist aber zum Pädiater zu überweisen. Es geht also drunter und drüber in Deutschland, ein „Facharzt für Impfung“ ist zwar gefordert, aber nicht geplant. Doch in unserem Land wird in vielen Bereichen keine vernünftige Gesundheitsvorsorge betrieben – warum sollte es im Impfsektor anders sein? Ideal wäre es, dürften Pädiater, Ärzte für öffentliches Gesundheitswesen und/oder Gynäkologen diese Nische besetzen, da ihr Impfwissen das beste aller ärztlichen Berufsgruppen ist.
Wogegen sind wir Deutschen eigentlich gut geimpft? Eigentlich gegen gar nichts! Nach einschlägigen Untersuchungen (Hofmann 1994) liegen wir bei Tetanus zwar bei 80 bis 90% – aber Tetanus kennt auch jeder. Die Deutschen lassen sich offenbar nur gegen das impfen, was sie als direkte Gefahr vor Augen haben. Bei der in Weißrussland seit vielen Jahren grassierenden Diphtherie z. B. kommen wir bei den Erwachsenen gerade mal auf eine 40- bis 50-prozentige Durchimpfungsrate, und wir können von Glück sagen, dass der Osthandel noch nicht so drastisch zugenommen hat, dass die Diphtherie in relevantem Maße zu uns herübergeschwappt ist.
Am Beispiel der Diphtherie kann man übrigens sehr gut zeigen, wie fragwürdig in der Impfkritikerszene argumentiert wird. Die Behauptung, die Anzahl der Erkrankungsfälle sei in Deutschland direkt nach dem Zweiten Weltkrieg rasch gesunken – und zwar vor der Einführung der breitenwirksamen Impfungen –, ist richtig. Nur wird dabei der Umstand ignoriert, dass es zwischen 1933 bis 1940 eine Verdoppelung der Erkrankungsfälle von 100/100 000 Einwohner auf 200/100 000 Einwohner gab. Und in den Kriegsjahren bis 1944 (1945–1946 gab es aufgrund der katastrophalen Situation in Deutschland keine amtliche Statistik) stiegen wegen der Flüchtlinge aus dem Osten und der Wanderungsbewegungen aus dem Westen die Zahlen auf über 300/100 000 Personen an (Bösel 1977).
Es gibt auch andere Studien, die zeigen, dass in unteren Altersstufen der Impfschutz der Deutschen desolat ist. Eine Impfstatuserhebung von 18 123 Rekruten zeigte, dass bei den 18- bis 20-Jährigen nur etwas mehr als die Hälfte (ca. 55%) gegen Tetanus, 38% gegen Diphtherie und 34% ausreichend gegen Kinderlähmung geimpft waren (Deutsches Ärzteblatt 1999).
Kleine Kinder hingegen scheinen deutlich besser geschützt zu sein. Scholz (1989b) untersuchte 8676 Schulanfänger und fand einen Impfschutz in 90,8% gegen Diphtherie und Tetanus, in 92,1% gegen Poliomyelitis, in 71% gegen Masern, in 70,1% gegen Mumps und 13% gegen BCG (Tuberkulose). Bei ausländischen Kindern lagen die Raten etwas niedriger (78% gegen Diphtherie und Tetanus, 81,6% gegen Poliomyelitis, 56% gegen Masern, 55,7% gegen Mumps), was eine verstärkte Intervention des schulärztlichen Dienstes mit einschlägigen Impfkampagnen für diese Zielgruppe nahe legen würde. Die Pädiater, Hauptansprechpartner in Gesundheitsfragen für die kindliche Klientel, tun also offenbar ihr Bestes.
Man möge sich als Erwachsener angesichts der nicht unerhebelichen gesundheitlichen Risiken ernsthaft fragen, ob es nicht doch angezeigt ist, sich Gedanken über eine Impfung gegen die angeblichen „Kinderkrankheiten“ zu machen. Offenbar würde uns Erwachsenen ein „Impf-Kinderarzt“ auch nicht schaden.
Roland Ziegler
Literatur:
- Arenz, S.; Kalies, H.; Ludwig M.-S.; Hautmann, W.; Siedler A.; Liebl, B.; Morlock, G.; von Kries, R. (2003): Der Masernausbruch in Coburg – Was lässt sich daraus lernen? Deutsches Ärzteblatt 100 (49), S. 3245–3249
- Bösel B. (1977): Praktikum des Infektions- und Impfschutzes. Hildegard Hoffmann Verlag, Berlin, 4. Auflage, S.115
- Bradford, T. L. (1900): The Logic of Figures or comparative results of homoeopathic and other treatments. Boericke and Tafel, Philadelphia/USA, S. 60–61
- Deutsches Ärzteblatt (1999): Erhebliche Defizite bei jungen Männern. Nr. 96, 304
- English, P. (1992): The issue of immunisation. British Homoeopathic Journal, 81, 161–163
- Ernst, E., White, A. R. (1995): Homoeopathy and immunization. British Journal of General Practice, 629–630
- Fisher, P. (1990): Enough nonsense on immunisation. British Homoeopathic Journal, 79, 198–200
- Hofmann F. (1994): Zur Indikation und Akzeptanz von Impfungen Erwachsener. Die gelben Hefte, 34, 177–183
- Lehrke, P. (1998): Impfkonzepte in der Homöopathie. Eine Erhebung zum Impfverhalten homöopathischer Ärzte. Edition Forschung, Hippokrates Verlag, Stuttgart, S.114–115
- Pietsch, M., Michels, H., Diwo, J, Martens, H., Jacob, R., Lossen-Geißler, E., Bußmann, H. (2002): Einfluss von Informationsmaßnahmen auf die Impfimmunität der Bevölkerung einer kleinstädtischen Region. Gesundheitswesen, 64, 60-64
- Scholz, D. (1989a): Anmerkungen zur Arbeit von H.-M. Bader. Öffentliches Gesundheitswesen 51, 352
- Scholz D. (1989b): Durchimpfungsgrad der Kinder und Jugendlichen in Schleswig-Holstein. Öffentliches Gesundheitswesen 51, 635
ihrer stärksten Waffen sind Antikörper. Millionen zirkulieren davon im Blut und heften sich an Krankheitserreger an. Die mit Antikörpern gespickten Erreger wer-
den anschließend von Abwehrzellen erkannt und gefressen.
Auf jeden Erreger passen nur bestimmte Antikörper. Während einer Infektion steigt die Produktion dieser passenden Antikörper so lange, bis der Eindringling besiegt ist. Danach mottet der Körper die Produktions-Zellen für diese Antikörper ein. Sollte der gleiche Erreger noch einmal in den Körper gelangen, aktiviert die Abwehr diese Zellen und produziert die entsprechenden Antikörper daher viel schneller als beim ersten Kontakt. Deshalb hat der Erreger bei der zweiten Infektion kaum Chancen. Dieses Gedächtnis des Immunsystems ist der Grund dafür, dass man Kinderkrankheiten nur einmal durchmacht – und dass man den Körper durch diese so genannte Aktiv-Impfung auf künftige Krankheiten vorbereiten kann.
Bei der Impfung „infiziert“ man den Körper mit abgeschwächten Erregern. Das können lebende Erreger sein, die durch spezielle Zucht oder Bestrahlung geschwächt sind (Lebendimpfstoff). In anderen Fällen dienen abgetötete Erreger als Impfstoff (Totimpfstoff). Besonders sicher ist ein Impfstoff, wenn nur einzelne Bestandteile des Erregers enthalten sind, die zum Beispiel gentechnisch hergestellt wurden. Die Immunabwehr reagiert auf die Trainings-Gegner wie auf echte Erreger: Sie produziert die passenden Antikörper. Weil der Trainings-Erreger aber geschwächt ist, baut der Körper sein Antikörper-Gedächtnis auf, ohne dass es zur Krankheit kommt. Damit hat er den entscheidenden Trainings-Vorsprung, mit dem er eine wirkliche Infektion erfolgreich bekämpfen kann.
Bei akuten Infektionen kann man die passenden Antikörper direkt ins Blut injizieren. Sie verhindern, dass sich der Erreger ausbreitet. Allerdings schützt diese so genannte Passiv-Impfung nur so lange, bis die Antikörper abgebaut sind – ein Gedächtnis für spätere Infektionen wird nicht aufgebaut.
In einer hoch durchgeimpften Bevölkerung reißt die Infektionskette; es kommt nur zu sporadischen Neuinfektionen, und es besteht die Chance, dass die nur vom Menschen übertragene Krankheiten völlig verschwinden. Je nach Krankheitserreger ist hierzu eine Durchimpfungsrate von 85% bis 95% erforderlich. Bereits wenige Prozent Nichtgeimpfter genügen also, um dieses Ziel zu verfehlen und den Erfolg zu verhindern.
www.br-online.de
Wer sind die Impfgegner?
Impfgegner sind Personen, die es aus verschiedenen Gründen ablehnen, sich selbst oder ihre Kinder gegen impfbare (Kinder-)Krankheiten impfen zu lassen (vgl. z. B. die Homepage www.impfkritik.de).
Welche gesellschaftlichen Gruppen kritisieren heute Impfungen?
- Eltern impfgeschädigter Kinder, die aus subjektiv verständlichen Gründen die vollständige Abschaffung der Impfungen fordern. Es gibt in den USA, Großbritannien, Frankreich, Kanada und Deutschland entsprechende Vereinigungen, die Kompensationszahlungen für erlittene Schäden erstreiten.
- Mediziner, die an der Wirksamkeit von Impfungen zweifeln oder Immunisierungen wegen des minimalen Risikos aufgrund der natürlichen Abnahme von Infektionskrankheiten für überflüssig halten.
- Personen, die aus religiösen Gründen oder aufgrund der Mitgliedschaft in einer religiösen oder weltanschaulichen Gruppe Impfungen ablehnen. Hier sind einzelne buddhistische, moslemische oder orthodoxe Hindugruppen zu nennen. Auch Mitglieder der Zeugen Jehovas, von Hare Krishna und Scientology zählt man zur religiös motivierten Impfgegnerszene.
- Anhänger alternativmedizinischer Therapierichtungen, besonders häufig im Bereich der Homöopathie und Naturopathie, welche die empfohlenen Impfungen als Eingriff in die persönliche Freiheit und als Verletzung ihre fundamentalen Rechte der Verantwortung ihren Kindern gegenüber betrachten.
Impfschäden
Schadensfälle aufgrund regulärer Impfungen sind berichtet worden und auch gerichtsanhängig gewesen. Wer sich aber die einschlägigen Urteilssammlungen besorgt und durcharbeitet, wird feststellen, dass es extrem wenige Fälle waren, die überhaupt gerichtsanhängig wurden. Ebenso wird klar, dass es sich in der überwiegenden Mehrzahl um Schadensfälle aus Pockenschutzimpfungen handelte, die sich u. a. zur Zeit des „Dritten Reiches“, aber auch in der Folge der WHO-Kampagne in Deutschland ereignet hatten.
Man sollte jedoch durchaus nicht die Augen vor den (wenngleich extrem seltenen) Nebenwirkungen bei Impfungen verschließen. Im Einzelfall ersetzt nichts das Gespräch mit dem impfenden Arzt. Es ist bedauerlich, dass es kein zentrales Impfschadensregister in der Bundesrepublik Deutschland und keine validen Zahlen über Nebenwirkungen gibt. Ebenso ist es aber auch beklagenswert, dass Impfkritiker vertrauenswürdige Untersuchungen nicht vorlegen. Roland Ziegler
Dieses Argument scheint auf den ersten Blick viel für sich zu haben, da tatsächlich die Zahl der Infektionskrankheiten und vor allem der schweren Komplikationen auch ohne Impfung zurückgegangen ist. Es ist ja auch eine Binsenweisheit, das bessere sozioökonomische Verhältnisse sich vorteilhaft auf die Gesundheit auswirken. Aber entscheidend reduzieren oder gar ausrotten lassen sich Infektionskrankheiten so nicht.
In den USA schwankte die Zahl der Masernerkrankungen zwischen 1920 und 1963 ganz erheblich zwischen 100 000 und 900 000 Fällen pro Jahr. Mit Einführung der Masernimpfung sank die Zahl innerhalb von zwei Jahren unter 50 000, stieg nie mehr darüber an, und betrug 1999, also nach einem Zeitraum von fast 40 Jahren, nur noch exakt 100 Fälle. Diese Fälle waren allesamt eingeschleppt worden; in den USA selber sind die Masern faktisch bereits ausgerottet. Es dürfte sehr schwer sein, eine Veränderung zu finden, die innerhalb von zwei Jahren dies bewirkt haben sollte. Dies umso mehr, als sie ja wohl auch auf andere Krankheiten hätte wirken müssen; diese Krankheiten verringerten sich aber immer nur, sobald entsprechende Impfstoffe verfügbar wurden.
Ein Vergleich in Europa unter wohlhabenden Industriestaaten mit ähnlichen sozialen Standards zeigt schlicht, dass die Masern dort verschwunden sind, wo fast alle geimpft sind (Finnland und Schweden), und in den anderen eben nicht (Deutschland, Frankreich und Italien). Auch hier ist weit und breit nichts zu sehen, was – außer Impfungen – für diese Unterschiede verantwortlich sein könnte.
Ein ähnliches Beispiel ist die Erkrankung durch eine Hirnhautentzündung, die durch das Bakterium H. influenzae ausgelöst wird. Seit der Einführung eines Impfstoffes 1990 sanken die Erkrankungen in den Vereinigten Staaten von 20 000 Fällen pro Jahr auf etwa 1400 Fälle im Jahr 1993 – also in drei Jahren; ohne dass tiefgreifende Änderungen im American way of life bekannt geworden wären.
2. Impfungen sind wirkungslos. Bei einer Epidemie erkranken nachweislich mehr Geimpfte als Ungeimpfte.
Das ist paradoxerweise sogar richtig, führt aber dennoch in die Irre. Zur Erklärung bedarf es allerdings etwas Mathematik.
Nehmen wir an, in einem Dorf leben 1000 Einwohner, wovon nur 20 nicht geimpft sind. Es werden Masern eingeschleppt; die 20 Ungeimpften erkranken. Da der Masernimpfstoff eine Erfolgsquote von etwa 95% hat, sind 50 der Geimpften nicht immun und erkranken ebenfalls. Mithin erkranken in der Tat mehr als doppelt so viel Geimpfte wie Nichtgeimpfte. Ohne Impfung wären allerdings nicht 70, sondern 1000 (!) Personen erkrankt – ein durchschlagender Erfolg der Impfung.
3. Das Durchmachen einer Infektion ist natürlicher und sorgt beim Kind oft für einen Entwicklungsschub.
„Natürlich“ wird oft kritiklos mit „gut“ gleichgesetzt. In Mittelalter betrug die durchschnittliche Lebenserwartung 35 Jahre, das war damals „natürlich“. Zu Goethes Zeiten starb die Hälfte aller Kinder; auch das war „natürlich“. Die so genannten „Kinderkrankheiten“ sind sicherlich natürlich – harmlos sind sie aber auf keinen Fall. Die Rate von Hirnentzündungen (Enzephalitiden) beträgt bei Masern etwa
1 : 2000; bei Impfungen 1 : 100 000. Ohne Masernimpfung würde die Zahl also binnen weniger Jahre um ein Mehrhundertfaches ansteigen.
Die Impfgegner profitieren von der Unanschaulichkeit großer Zahlen. Man müsste statistisch 2000 ungeimpfte Kinder kennen, um auch nur einen Komplikationsfall mitzuerleben – wer hat einen so großen Bekanntenkreis? Lassen 2000 Eltern ihr Kind nicht impfen, so werden 1999 von ihnen feststellen: Nichts passiert! Bei Millionen von Kindern ergibt dies aber Tausende von völlig vermeidbaren, zum Teil tragisch endenden Erkrankungen.
4. Die Wirkung und die Langzeitfolgen von Impfstoffen und Impfungen sind großenteils völlig unbekannt und überhaupt nicht abzuschätzen. Auch treten sie vielleicht erst nach Jahrzehnten auf.
Auch ein Einwand, der im Prinzip richtig ist. Man erinnere sich an die Gerinnungspräparate von Bluterkranken, die mit Beginn der AIDS-Ära plötzlich mit HIV verseucht waren, womit niemand rechnen und was niemand voraussagen konnte.
Dem kann man nur entgegenhalten, dass solche Risiken vielleicht vorhanden und unbekannt, die Krankheitsrisiken aber vorhanden und äußerst bekannt sind. Halbwegs moderne Impfstoffe gibt es seit 50 Jahren. Es gibt keinerlei Hinweise, dass Ungeimpfte sich irgendwie besser stünden als Geimpfte – vollkommen im Gegenteil. Geradezu abstrus mutet es an, wenn ein hochgelobter Autor auf die vielen ungeklärten Einzelheiten bei Entwicklung, Einsatz und Wirkungsweise des Pockenimpfstoffes hinweist – den es wegen Ausrottung der Pocken gar nicht mehr gibt und der mit Sicherheit keine unbekannten Schädigungen mehr verursachen kann.
5. Auf Grund der Zunahme an Impfungen haben allergische Erkrankungen besonders bei Kindern und Jugendlichen in den letzten 30 Jahren erheblich zugenommen.
Eine Untersuchung der Universitätskinderklinik in München (Dr. Erika von Mutius) hat die Häufigkeit von Allergien in der damaligen DDR, in der eine Impfpflicht bestand, mit denen in der Bundesrepublik verglichen. Das Ergebnis war sehr überraschend, da die durchgeimpften Kinder und Jugendlichen der DDR erheblich weniger unter Allergien litten als die weniger häufig geimpften in der Bundesrepublik. Nach der Wiedervereinigung ist die Allergiehäufigkeit in den neuen Bundesländern übrigens ansteigend und bewegt sich zunehmend auf das Niveau der alten Bundesländer zu.
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INFOS
- www.rki.de (Robert-Koch-Institut)
- www.pei.de (Paul-Ehrlich-Institut)
- www.vrzverlag.com (Verlag Roland Ziegler)
Dieser Artikel erschien im "Skeptiker", Ausgabe 4/2003.