Frage: Sie setzen in der GWUP weiter darauf, jährlich spektakuläre Fehlprognosen zu veröffentlichen. Ist das nicht unwissenschaftlich?
Antwort: Genau wie bei dem so genannten Randi-Test und auch bei unseren Wünschelrutentests von 1990 geht es darum, populäre und breit akzeptierte Vorstellungen einer „Parawissenschaft“ – hier der Astrologie – für eine breite Öffentlichkeit nachvollziehbar auf den Prüfstand zu stellen. Wir wollen darlegen, wie man bloße Behauptungen an der Realität messen kann und was dabei herauskommt. Wir praktizieren keine Wissenschaft im Elfenbeinturm, das heißt: Unsere Prognosen-Auswertung war keine Untersuchung für ein Fachjournal oder für Insider. Die Frage war ganz einfach: Ist eingetreten, was einige Astrologen zum Teil sehr medienwirksam vorausgesagt haben? Das Ergebnis war in unseren Augen eindeutig.Frage: Nehmen Sie nicht zur Kenntnis, dass astrologische Ereignisprognosen auch unter Astrologen umstritten sind?
Antwort: Natürlich ist uns bekannt, dass konkrete astrologische Ereignisprognosen auch in der Astrologen-Szene umstritten sind und einem kleinen Kreis aus PR-Gründen und zur Selbstvermarktung in der Regenbogenpresse dienen. Kann das aber ein Grund sein, vornehm den Mantel des Schweigens darüber zu decken, wo doch gerade diese Form der Astrologie in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird? Was wäre die Astrologie ohne diese ständige medienwirksame Aufmerksamkeit? Offenkundig sind die verschiedenen astrologischen Berufsverbände und Interessengruppen nicht willens, diese „schwarzen Schafe“ öffentlich zu benennen. Kann es Eigeninteresse sein, um vom Mitnahmeeffekt zu profitieren? Halbherzige Erklärungen in den Medien, dass konkrete Ereignisprognosen unseriös seien und der Astrologie insgesamt schaden würden, sind schlicht zu wenig. Wir mögen es gerne etwas konkreter.Frage: Aber kann man nicht auch Meteorologen solche Fehlprognosen vorwerfen?
Antwort: Kann man, aber wer Meteorologen und Astrologen in einem Atemzug nennt sollte nicht vergessen, dass es der Astrologie - im Gegensatz zur Meteorologie an ganz wesentlichen Dingen fehlt, die zur einer Wissenschaft nun einmal gehören. Und schließlich liegen die Prognosen der Meteorologen entsprechend deutlich über der Zufallstrefferrate, nämlich zwischen 70 und 90%, je nach Vorhersagezeitraum und berücksichtigten Parametern .Frage: Aber werfen Sie mit dieser Betrachtungsweise nicht alle Astrologen in einen Topf? Es gibt doch auch Astrologen, die sich redlich um Seriosität bemühen?
Antwort: Die Frage ist doch hier, ob das redliche Bemühen um Seriosität überhaupt ein taugliches Kriterium zur Unterscheidung ist. Ganz banal: Nur weil ein Astrologe bei einer individuellen astrologischen Persönlichkeitsanalyse viel rechnet und präzise Daten verwendet, muss das dabei entstandene Horoskop nicht zutreffender sein als ein möglicherweise von Journalisten frei erfundenes Zeitungshoroskop. Von den Planetenstellungen bei der Geburt oder dem Tierkreiszeichen kann man nicht mehr herauslesen als aus dem Kaffeesatz oder aus Hühnerinnereien. Ich frag mal zurück: über welche psychologische oder andere Qualifikation für eine Beratung oder Persönlichkeitsanalyse verfügen die „seriösen“ Astrologen? Wie viele haben eine solche Qualifikation, und was hat die Astrologie damit zu tun? Wo sind die wissenschaftlichen Belege und die Studien, die einer Deutung der Persönlichkeitsstruktur durch Astrologen einen höheren Stellenwert einräumen als Prognosen? Außerdem: Wer in die Zeitungen schaut, z.B. in die aktuellen Illustrierten, sieht überall persönliche Astro-Ratgeber für das kommende Jahr. Im Sinne des Verbraucherschutzes ist es eine wichtige Aufgabe, darauf hinzuweisen, wenn nicht das geleistet wird, was behauptet wird. Zwischen dem Selbstbild der so genannten „seriösen“ Astrologen und dem Fremdbild in den Medien klafft eine große Lücke. Vorwürfe, wir würden „alles in einen Topf“ werfen, gehen also am Thema vorbei und sind kaum mehr als rhetorische Spitzfindigkeiten. Eine bessere, seriösere oder besondere spezifische Kompetenz der Astrologie auf dem weiten Feld der Lebens- oder Persönlichkeitsberatung ist nämlich ebenso wenig belegt wie bei Ereignisvorhersagen.Frage: Es wird von Ihnen gesagt, Sie wollten gar keine differenzierte wissenschaftliche Untersuchungen anstreben. Warum nicht?
Antwort: Wir befürworten sehr wohl andere Arten von wissenschaftlichen Untersuchungen – zum Beispiel soziologische. Nur unterhält die GWUP kein kostenträchtiges Forschungsinstitut und überlassen solche Untersuchungen in erster Linie den dafür ausgerüsteten Forschungseinrichtungen. Wir setzen unsere Prioritäten so, dass sie dem ehrenamtlichen und durch Spenden und Mitgliedsbeiträge gesetzten finanziellen Rahmen Rechnung tragen. Wenn zum Beispiel – wie wir es ganz konkret vorliegen haben – ein Astrologe öffentlich behauptet, im Großraum Stuttgart werde es „sieben Millionen Tote“ durch eine Atomexplosion geben, dann verdient das keine komplexe und differenzierte Studie. Hier versucht jemand, in den Medien sein lukratives Süppchen zu kochen. Solche Angstmacherei gilt es aufzudecken! Der elfenbeinturmartige Rückzug auf eine rein akademische Betrachtungsweise der Astrologie ignoriert außerdem ihre gesellschaftlichen Auswirkungen. Was interessiert es einen betroffenen Menschen, ob X % der befragten Astrologen eine Ereignisprognose ablehnen, wenn sein Astrologe ihm seine persönliche Zukunft deutet und dies mit der Astrologie rechtfertigt? Für uns ist Erkenntnisgewinn ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit, sie steht aber nicht im luftleeren Raum. Astrologie und andere Themen haben ganz konkrete Auswirkungen auf ganz persönliche Schicksale und nicht zuletzt auf unsere ganze Gesellschaft. Und auf diese Auswirkungen werden wir auch weiterhin in aller Deutlichkeit hinweisen.Frage: Die „Gesellschaft für Anomalistik“ (GfA) wirft der GWUP vor, sie würde eine Diffamierungskampagne gegen Astrologen betreiben. Tut sie das?
Antwort: Nein. Im dem Text auf den Internetseiten der GfA wird zwar gefordert, die Debatte über die Astrologie zu versachlichen. Die Wortwahl ist jedoch alles andere als zimperlich und radikalisiert die Diskussion mehr, als sie sie versachlicht: „Diffamierungskampagne“, „weltanschauliche Gegner der Astrologie“, „in offensichtlicher Diffamierungsabsicht“, „Stimmung gegen alles [zu] machen, was nicht in ihr ideologisch verengtes Weltbild passt“, „mit Hohn und Spott gefüllte[r] ... Pressetext“, „tendenziöse[r] Manipulationen“, „manipulative[r] Charakter der Arbeit der GWUP“ usw. Die GWUP hält eine derartige Ausdrucksweise für unangemessen und wird sich an dieser Verrohung der Streitkultur nicht beteiligen.Frage: Was sagen Sie zu den einzelnen Kritikpunkten?
Antwort: Da ist zum Beispiel der Vorwurf, die GWUP habe in ihrer Presseerklärung allen Astrologen „übelste Scharlatanerie“ unterstellt. Dass dies Unfug ist, kann jeder auf unseren Web-Seiten nachlesen: Als „kaum mehr als ‚übelste Scharlatanerie‘“ wurden deutlich und erkennbar nur die Prognosen nur eines einzigen Astrologen bezeichnet, nämlich die von Kurt Allgeier - im Zusammenhang mit der oben schon genannten Stuttgart-Prophezeiung. Ein Mann, der absichtlich die literarisch und historisch durchaus sehr interessanten Nostradamus-Verse missbraucht, um Menschen Angst zu machen und ihnen anschließend die Mittel dagegen verkaufen zu können, kann durchaus als Scharlatan bezeichnet werden . Das sollte auch jemand tolerieren können, dem eine Untersuchung der „seriösen“ Astrologie am Herzen liegt. Was die Kritik an den Angaben zu den Einkommen von Astrologen angeht: Edgar Wunder ist scheinbar bemüht, Kritik an der Astrologie zu neutralisieren und versucht, den Beratungscharakter der Astrologie hervorzuheben. Damit wird versucht, Mitleid mit Astrologen zu wecken, die sehr wenig verdienen würden. Dieses Vorgehen – und das Beharren, nur eine bestimmte Art der Untersuchung der Astrologie sei die wahre - ist eine sehr einseitige Sichtweise für jemanden, der sich eine wissenschaftliche Vorgehensweise auf die Fahnen geschrieben hat. Edgar Wunder meint, die Leistung einer Astrologin, die Schröders Wahl vorhergesagt haben soll, sei besser als nur 50:50, da zum Zeitpunkt der Prognose die Umfragewerte gegen Schröder gesprochen hatten. Auch wenn man von der Haarspalterei dieses Vorwurfs - eine umgangssprachliche Formulierung als exakte Wahrscheinlichkeitsaussage zu deuten - absieht: Eine belastbarere Zahl als „50:50“ gibt es nicht. Zwar lag die SPD damals in den verschiedenen „Sonntagsfragen“ der Demoskopen zurück, andererseits gab es einen auf zwei Personen fokussierten Wahlkampf über dessen Ausgang zum Zeitpunkt der Prognose naturgemäß keine Aussagen gemacht werden konnten und der in den Augen der politischen Beobachter zum Zeitpunkt der Prognose noch nicht entschieden war.Zum Thema Erdbeben in Aachen schreibt Edgar Wunder: „Beispielsweise heißt es dort, ein von einer wahrsagerisch tätigen Astrologin für 2002 vorhergesagtes Erdbeben im Raum Aachen sei nicht eingetreten. Tatsache ist jedoch, dass am 22.7.2002 sehr wohl ein mittelschweres Erdbeben mit Magnitude 5,0 mit Epizentrum bei Aachen stattgefunden hat. Um die Prognose dennoch als falsch werten zu können, berief sich der mit diesem Sachverhalt konfrontierte GWUP-Verantwortliche mir gegenüber darauf, dass sich die Wahrsagerin um 5 Wochen im konkreten Termin geirrt habe: nach einem Artikel der „Rheinische Post“ hätte das Erdbeben nämlich erst Ende August 2002 stattfinden sollen.“
Der „GWUP-Verantwortliche“, Michael Kunkel, schrieb aber an Edgar Wunder zu diesem Thema am 30.12.2002 lediglich folgendes: „Das Erdbeben in Aachen wurde am 24.8.2002 wie folgt prognostiziert: ‚... zwischen dem 30. August und 14. September ein Erdbeben, das zwar hauptsächlich in Aachen aber auch in Duisburg zu Schäden führen wird ...’ und hat definitiv nicht stattgefunden“. Die Prognose konnte also nicht zum genannten Erdbeben vom 22.7.2002 passen, da sie erst nach diesem erfolgte. Die Prognose selbst war definitiv falsch! Herrn Wunder waren sowohl Zeit der Veröffentlichung als auch Wortlaut dieser Prognose bekannt und eine weitere Äußerung von Michael Kunkel gab es zu diesem Thema gegenüber ihm nicht. Wer also wie mit Fakten umgeht, mag jeder selbst beantworten! Die GWUP bleibt jedenfalls bei der Bewertung „nicht eingetroffen“, was die betreffende Prognose angeht. Zu den Zahlen der Astrologen und deren Umsätze schreibt Edgar Wunder: „Schließlich wird in den Raum gestellt, dass Deutschlands ‚Astrologen, Wahrsager und Hellseher’ jährlich insgesamt 500 Millionen Euro verdienen würden und somit das Klischee bedient, dass Astrologen besonders reich und geschäftstüchtig seien. Die Angabe 500 Millionen Euro ist frei erfunden, entbehrt jeder empirischen Grundlage und hält einer kritischen Prüfung nicht stand.“ Hierzu weisen wir auf ein Artikel in der Frankfurter Neuen Presse, Ausgabe vom 27.12.2001, Titel: "Ein schwarzes Jahr für Hellseher und Astrologen"; dort heißt es wörtlich: „Und unabhängig von der tatsächlichen Trefferquote lässt sich mit dem Hellsehen in Deutschland viel Geld verdienen. ‘Die bundesweit 20000 Astrologen, Wahrsager und Medien haben schätzungsweise einen Umsatz von einer Milliarde Mark pro Jahr‘, sagt Wunder. Darin seien nicht nur persönliche Horoskope für 400 Mark enthalten, sondern auch Sternzeichenweisheiten auf Zuckerwürfeln.“ Ein weiteres Mal wird Wunder mit der gleichen Summe zitiert. Wir schließen daraus: Wenn Edgar Wunder Zahlen verwendet, dann ist es immer OK. Wenn die GWUP dieselben Zahlen verwendet, dann sind sie "frei erfunden" und "halten einer kritischen Überprüfung nicht stand". Deutlicher kann nicht werden, mit welchen Taktiken hier gearbeitet wird. Ansonsten wird in dem kritischen Text zur Prognosenauswertung der GWUP mehrmals behauptet, die GWUP hätte diese oder jene unhaltbare Aussage „suggeriert“. Es sollte doch besser über konkrete Aussagen diskutiert werden als über Mutmaßungen oder das, was wir nicht gesagt haben.
Wenn man schließlich im abschließenden Satz liest, „eine nüchterne Analyse“ zeige, dass die Skeptiker die „wahren Scharlatane “ sind, summiert dies umgekehrt den Charakter des gesamten Textes: Keine nüchterne Betrachtung, sondern eine mit heißer Nadel auf das große Medienecho der GWUP-Pressemitteilung hin gestrickter Anwurf, der die im selben Atemzug geforderte Versachlichung der Diskussion Lügen straft.